Drucksache DS-25/0079 Resorthotel Ueckermünde

Stadtvertretersitzung am 23.07.2025

Redebeitrag von Karsten Berndt


Karsten Berndt
Karsten Berndt

Was ist eine aufschiebende Bedingung?

Eine aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) bewirkt, dass die Rechtswirkungen des Vertrags erst mit Eintritt der Bedingung beginnen.

Eine aufschiebende Bedingung im Notarvertrag bedeutet, dass der Vertrag zwar geschlossen wird, aber erst dann wirksam wird, wenn ein bestimmtes Ereignis in der Zukunft tatsächlich eintritt.

Der notarielle „Hotelvertrag“ enthält in § 3 eine solche aufschiebende Bedingung.

Der § 1 „Grundbuch und Sachstand“ beschreibt, um welches Grundstück es sich handelt, und in § 2 „Veräußerungserklärung“ werden die Vertragspartner benannt und die Absicht eines Verkaufs-/Kaufgeschäfts vereinbart.

In § 3 „Aufschiebende Bedingung“ wird festgelegt, dass der Vertrag (gemäß § 2) unter einer aufschiebenden Bedingung steht.

Die Rechtswirkungen des Vertrags treten erst mit Eintritt der Bedingung ein.

Der Vertrag wurde zwar rechtswirksam geschlossen, aber alles, was in den folgenden Paragrafen – also ab § 4 – geregelt ist, ist noch nicht wirksam.

Was bedeutet das und was ist aktuell im Vertrag wirksam?

§ 1 „Grundbuch und Sachstand" wirksam
§ 2 „Veräußerungserklärung“ wirksam
§ 3 „Aufschiebende Bedingung“ wirksam

§ 4 „Grundbuchanträge“ unwirksam
§ 5 „Löschung der Vormerkung“ unwirksam
§ 6 „Kaufpreis; Fälligkeit“ unwirksam
§ 7 ff. unwirksam

Alle Paragrafen nach § 3 sind derzeit noch nicht wirksam, weil das aufschiebende Ereignis, das alle anderen Paragrafen wirksam werden lässt, noch nicht eingetreten ist.

Darum ist auch der Kaufpreis noch nicht geflossen, denn der Paragraf, der den Käufer zur Zahlung verpflichtet, ist noch nicht rechtswirksam.

Was hat das zur Folge?

Das Grundstück wurde also noch gar nicht verkauft.

Der Kaufpreis wurde noch nicht gezahlt, und der Käufer hat auch noch keinen Zugriff auf das Grundstück.

Was immer ab § 4 vereinbart wurde – es hat aktuell keine Relevanz, da all diese Paragrafen noch nicht wirksam sind.

Kann die Stadt das Grundstück zurückkaufen?

Es soll dazu ja Vereinbarungen im hinteren Teil des Vertrages geben. Nein.

Man kann nichts zurückkaufen, was nicht vorher verkauft wurde – und die entsprechenden Klauseln sind ebenfalls noch nicht wirksam.

Wenn die aufschiebende Bedingung erfüllt ist, wird der Vertrag automatisch wirksam, was die sofortige Fälligkeit des Kaufpreises zur Folge hat. Natürlich kann man Rechtsanwälte damit beschäftigen, den Vertrag nach Klauseln zu durchsuchen, die diese verfahrene Situation für die Stadt Ueckermünde auflösen. Aber selbst dann, wenn solche Klauseln, Fristen etc. im Vertrag enthalten sein sollten, wären sie nicht wirksam, da die aufschiebende Bedingung noch nicht eingetreten ist.

Was muss geschehen, damit diese aufschiebende Bedingung erfüllt ist?


Die aufschiebende Bedingung wurde im Wesentlichen wie folgt vereinbart:

§ 3 Aufschiebende Bedingung

Der Verkauf nach § 2 steht unter einer aufschiebenden Bedingung.

Die Bedingung tritt ein, wenn:

a) der Käuferin die Zuwendungen nach dem GRWG zur Förderung des Vorhabens „Resorthotel am Strand“
antragsgemäß gewährt wurden und ihr der Zuwendungsbescheid bekannt gegeben worden ist;
oder b) der Fördergeber dem vorzeitigen Maßnahmenbeginn mindestens in Textform zugestimmt hat.
Bevor diese Bedingung erfüllt ist, sind alle Paragrafen, die nach § 3 folgen, noch nicht wirksam.

Auch etwaig vereinbarte Fristen – etwa, bis wann gebaut werden muss – sind aktuell unwirksam.

Egal was Anwälte für Klauseln im Vertrag finden, sie würden nicht helfen, weil sie schlichtweg noch gar nicht wirksam ist.

Was kann die Stadt also tun?

Diese aufschiebende Bedingung enthält keine Befristung.

Es wurde versäumt, ein Datum einzufügen, bis wann die Bedingung spätestens eintreten muss. Die Stadt kann nichts tun, um die Bedingung zu erfüllen.

Es ist sogar noch schlimmer: Man hat die Erfüllung der Bedingung nicht nur vom Käufer, sondern auch von einer Behörde abhängig gemacht. Was, wenn der Käufer zwar einen Förderantrag stellt, dieser aber nicht antragsgemäß bewilligt wird?

Was auch immer „antragsgemäß“ bedeuten soll – ohne Anhaltspunkt dafür, was der Käufer als antrags-gemäß akzeptieren würde, kann der Erwerber die Erfüllung der Bedingung theoretisch unendlich lang hinauszögern.

Was, wenn der Erwerber z.B. 50 Mio. € Fördermittel beantragt?

Dieser Betrag würde natürlich abgelehnt.

Fördermittel wären dann nicht antragsgemäß bewilligt, und die Bedingung wäre weiterhin nicht erfüllt.

Und was, wenn es gar keine Fördermittel mehr gibt – etwa, weil EU, Bund, Länder und Gemeinden in finanziellen Schwierigkeiten sind?

Der unterzeichnende Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Meyer (SPD), der eine vage, rechtlich nicht bindende Absichtserklärung zur Förderung dieses Hotelprojekts abgegeben hatte, ist am 11. Dezember 2024 aus dem Amt ausgeschieden. Wie steht wohl sein parteiloser Nachfolger Wolfgang Blank dazu? Und wie sieht es nach der Landtags-wahl 2026 aus? Diese aufschiebende Bedingung wird wahrscheinlich erst dann erfüllt, wenn der Erwerber es selbst für sinnvoll hält.

Der Stadt Ueckermünde sind hier die Hände gebunden, sie kann die Erfüllung der aufschiebenden Bedingung und damit das Wirksamwerden des Vertrages nicht beeinflussen.

Frau Rechtsanwältin Antje Krins hat nach umfangreicher Befassung mit diesem Sachverhalt ein BGH-Urteil recherchiert, wonach wir dem Erwerber eine angemessene Frist setzen können, in der er die aufschiebende Bedingung zu erfüllen hat. Verstreicht diese Frist, wäre der gesamte Vertrag hinfällig – also auch das, was heute schon wirksam ist (§ 1, § 2 und § 3).

Ich appelliere an jeden einzelnen Stadtvertreter: Stimmen Sie diesem Antrag zu, um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden und dieses unsägliche Kapitel endlich zu beenden – damit Ueckermünde mit diesem Projekt wieder nach vorn schauen kann.